Bei "OFFLINE - Das Leben ist kein Bonuslevel" handelt es sich um Piranha Bytes erste Mitarbeit an einem Kinofilm. Die vom Entwickler erstellen Spielszenen wechseln sich mit Realaufnahmen ab und erschaffen so ein neuartiges Filmerlebnis. Doch ist der Film vom Neuheitswert abgesehen auch gut? Wir durften das Erstlingswerk des Regisseurs Florian Schnell vorab ansehen und den Beteiligten einige Fragen stellen.
Von Tschlompf und Ravenhearth
Für einen hingebungsvollen Online-Gamer gibt es wohl nur wenige Dinge in Zusammenhang mit seinem Hobby, die so schmerzhaft sind wie der Hack seines oder ihres Accounts. Doch genau das passiert Jan (gespielt von Moritz Jahn), der Hauptfigur in OFFLINE - Das Leben ist kein Bonuslevel: Kurz vor dem wichtigsten Turnier in seinem Lieblingsspiel, dem Onlinetitel "Schlacht um Utgard", wird sein Account gehackt; sogar sein ganzer Rechner lahmgelegt. Plötzlich ist die Teilnahme an der "Ragnarök", so der Name des Turniers, höchst ungewiss. Statt Antworten erhält Jan nur eine kryptische Nachricht von einem anderen Spieler des Spiels. Sofort ist klar, dass dieser Loki hinter dem Hack steckt, um seinen größten Kontrahenten auszuschalten. Als man Jan auch bei der Polizei nicht dabei helfen kann, seinen Avatar mit dem Namen Fenris wiederzubeschaffen, macht er sich auf die Suche nach der Person hinter dem mysteriösen Loki...
Nicht weniger als das "erste transmediale Projekt der Film- und Gamingbranche" versprechen die Macher von OFFLINE für ihren Film. Und tatsächlich: Von Piranha Bytes unter Verwendung von Risen 3 erstellte Sequenzen in Spielegrafik fügen sich an mehreren Stellen sehr natürlich in den Film ein. Wer dabei an die bekannte South Park-Folge "Make Love, Not Warcraft" denkt, liegt zwar nicht ganz falsch, doch so nahtlos wie in OFFLINE ist es vorher noch keinem gelungen, reale und virtuelle Welt zu kombinieren. Dazu kommt, dass sich die Ingame-Sequenzen optisch tatsächlich sehen lassen können.
Wer allerdings erwartet, dass diese Sequenzen den Film dominieren, wird enttäuscht werden. OFFLINE ist in erster Linie ein Realfilm, in dem sich die Figuren mit ganz realen Problemen rumschlagen müssen. Nachdem Jan nämlich auch bei der Polizei keinen Erfolg hatte, ersucht er beim Hersteller des Spiels um Unterstützung. Doch auch dort kann ihm so schnell niemand helfen. Stattdessen trifft er doch auf Karo (gespielt von Mala Emde), die ebenfalls von Loki gehackt wurde. Also machen sich beide zusammen auf den Weg, Loki ausfindig zu machen und ihre Accounts wieder zu erlangen.
Auch "die Lebenswelt jugendlicher Game perfekt widerzuspiegeln" nimmt sich der Film vor. Von Erfolg gekrönt ist dieses Vorhaben jedoch nicht vollständig. OFFLINE bemüht sich, das Gaming ernst zu nehmen und stellt es nicht abwertend dar, aber die Charakterisierung der Hauptfigur entspricht vielen Gamer-Klischees: Jan verbringt seine Freizeit anscheinend viel vor dem Computer und er hat in der Schule nur einen Freund, der ebenfalls passionierter Spieler von "Schlacht um Utgard" ist. Außerdem hat Jan ein Problem, mit Mädchen zu sprechen. Dieses Bild von Gamern wirkt mittlerweile etwas überholt. Andererseits spricht nichts dagegen, einige Klischees zu verwenden, um die Lebenswirklichkeit von jungen Gamern darzustellen, denn schließlich haben alle Klischees auch irgendwo einen wahren Kern, und bestimmt wird sich der ein oder andere in Jan wiederfinden.
Zugute halten muss man dem Film auch, dass er durch seine humorvolle Präsentation zeitweise von einigen Schwächen bei den Figuren, wie stellenweise zu kindisches und verantwortungsloses Verhalten, ablenken kann und handwerklich solide ist, durch ein eher hohes Tempo gibt es zudem kaum Leerlauf. Punkten kann OFFLINE ebenfalls durch Gaming-inspirierte Elemente in der realen Welt. So öffnet sich bei knifflichen Entscheidungen bei Jan ein innerliches Dialogfenster oder beim Balancieren erscheint eine entsprechende Anzeige. Es gibt noch viele weitere solche Einlagen. Diese Elemente sind oftmals kreativ eingesetzt, auch wenn Edgar Wrights "Scott Pilgrim gegen des Rest der Welt" diese Elemente sowie clevere Editing-Tricks besser genutzt hat.
Die Kernaussage des Films entspricht dabei nicht den oftmals zu sehenden, abwertenden Meinungen über Spiele, denn die Macher möchten nicht den Zeigefinger heben und das Gaming verteufeln, sondern für einen Kompromiss zwischen realer Welt und Gaming plädieren. Dies bekommt der Film gut hin, denn im Endeffekt ist das Gaming für den Protagonisten eine wichtige Begleitung auf dem Weg zum Erwachsenwerden und er lernt, sich in der realen Welt besser zurechtzufinden, ohne das Gaming aufzugeben.
Trotz einiger Schwächen bei den Charakteren und vieler Klischees ist der auf Jugendliche ausgerichtete Film für Spieler sehenswert und vermittelt die eigene Faszination für Spiele gut, denn die Verbindung von Realfilm-Szenen mit Spielsequenzen klappt wunderbar. Besonders für Fans von Piranha Bytes ist die Mitarbeit des Entwicklers an OFFLINE die bisher einzigartige Möglichkeit, ein Spiel unseres Lieblingsentwicklers auf der großen Leinwand zu sehen. Auch wenn es im ersten Moment irritierend ist, dass Risen 3 für "Schlacht um Utgard" einsteht, hat man sich schnell daran gewöhnt und bestaunt die gelungenen Ingame-Szenen. Wer besonders genau aufpasst, kann sogar PB-Urgestein und Entwicklungsleiter Björn Pankratz einer Gastrolle sehen.
Fazit: Im Endeffekt hängt das Vergnügen durch OFFLINE sehr davon ab, was man vom Film erwartet. Wie der Film mit einem Augenzwinkern mit Klischees spielt und diese komplett übertreibt - in einer Szene kann Jan tatsächlich einen Quad fahren, weil er so viele Rennspiele gespielt hat - werden einige mögen und andere wiederum nicht. Wer die abgedrehte Art des Films zu schätzen weiß, bekommt hier einen sehenswerten Film serviert, der verbreitete Klischees über Spieler und beeindruckende Ingame-Szenen effektiv vermengt und so sehr humvorvoll daherkommt. Wer damit nichts anfangen kann, sondern lieber eine ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Thema möchte, für den ist OFFLINE leider nichts. Doch eines ist OFFLINE mit Sicherheit: Ein Film, der durch die Mitarbeit von Piranha Bytes für alle Fans zu etwas ganz besonderem wird, das es so noch nie gegeben hat.
Der Film wird am Donnerstag, den 23. Februar 2017, in den Kinos starten - allerdings nur in einer relativen kleinen Auswahl. Die komplette Liste könnt ihr hier sehen. Das Interview wird noch folgen!
Links