Elex 2 im Test – Macht der Nachfolger alles besser?
Stolze viereinhalb Jahre hat es gedauert, bis Elex 2 endlich veröffentlicht wird. So lange mussten Fans noch nie auf ein neues Spiel von Piranha Bytes warten – ein Studio, das polarisiert wie kaum ein anderes aus Deutschland. Haben die Piranhas die lange Entwicklungszeit genutzt, um sich mit Elex 2 in allen Belangen zu steigern oder gehen die bissigen Fische mit ihrer ambitionierten Vision baden? Der Test könnte leichte Spoiler enthalten.
Von Ravenhearth und Dark Bauer
Inhaltsverzeichnis
- Worum geht es?
- Die Fraktionen
- Die Quests
- Die Spielwelt und Erkundung
- Das Jetpack
- Das Kampfsystem
- Figurenreaktionen
- Der Charakterausbau
- Das Crafting und Interface
- Die Story
- Grafik und Präsentation
- Sprachausgabe und Sound
- Fazit
- Pro und Contra
Mit Elex 1 wagten die Piranhas 2017 einen Stilbruch, indem sie Mittelalter-Fantasy und Science-Fiction miteinander vermischten und dem Helden einen Namen gaben. Jax lebt mittlerweile als Einsiedler auf einem Berg, nachdem die Menschen seinen Warnungen vor außerirdischen Invasoren kein Gehör schenkten. Elex 2 beginnt 6 Jahre nach dem ersten Teil mit der Ankunft der außerirdischen Skyands auf dem Planeten Magalan, der einst von einer modernen Zivilisation bevölkert war, bevor ein Meteorit ihn verwüstete und das Elex auf die Welt brachte. Die plötzliche Ankunft der Fremden in Elex 2 wird in einem hübsch gerenderten Intro dargestellt und verändert natürlich alles.
Die Skyands haben vor, den Planeten nach ihren Wünschen mit Hilfe einer modifizierten Art des Elex, dem Dunklen Elex, umzugestalten und zu unterjochen. Jax kehrt zu den Menschen zurück, nachdem die Aliens seine Hütte zerstört haben, wird auf dem Weg dahin jedoch in einem zweiten Intro von den Kreaturen gebissen und mit einer Krankheit infiziert. Der Übergang zu diesem Intro ist allerdings etwas plötzlich, da die gezeigte Landschaft gar nicht zur Ingame-Umgebung passt. Eben noch schleichen wir uns in einem bewaldeten Gebiet an den Viechern vorbei, und im nächsten Moment startet ohne Vorwarnung ein Video, in dem wir sehen, wie Jax in einer wüstenähnlichen Region vor eben diesen Biestern an Klippen vorbeihangelnd gejagt wird. Dann stürzen wir ab.
Piranha Bytes hat sich für eines von vier Enden des ersten Teils entschieden. Das kann beim geneigten Elex 1-Spieler ab und zu durchaus zu Verwirrung führen, denn weil hier eben nicht mit Savegame-Import gearbeitet wurde, werden einem gewisse Situationen aufgezwungen, für die man sich in Teil 1 so nicht entschieden hat. So können wir uns im Vorgänger vielleicht für eine Romanze mit Outlawlady Nasty entschieden haben - heute sind wir liiert mit Berserkerin Caja und haben sogar einen gemeinsamen Sohn. Piranha Bytes schaffen es aber trotzdem, dass man als Neuling nicht den Faden verliert, weil die Dialoge immer die Möglichkeit bieten, nochmal Revue passieren zu lassen, was in Teil 1 passiert ist. Zu sehr nachdenken darf man hier über manches allerdings auch nicht; wie in all ihren vorherigen Spielen steht die Geschichte nicht an erster Stelle.
Links: Die Intros sind schön gerendert
Rechts: Die Welt ist riesig und fast von Beginn an komplett offen
Jax wird vom Wissenschaftler Adam gefunden und erwacht nach ein paar Tagen, erleichtert um den Großteil seiner früheren Fertigkeiten. Adams Ziel ist schnell erklärt: Jax muss zu alter Stärke zurückfinden und eine neue Fraktion, die sogenannte Sechste Macht, gründen, um die Menschen zu vereinen und den Aliens die Stirn zu bieten. Dieser Einstieg hätte jedoch packender sein können, denn man wird schnell vor vollendete Tatsachen gestellt und ohne viel Orientierungshilfe in die Welt entlassen. Es dauert etwas, bis interessante Quests auf den Spieler warten. Nach diesem Einstieg kann der Spieler frei entscheiden, sich an eine der nun fünf Fraktionen Magalans zu wenden, um ihnen beizutreten und sie als Bündnispartner gegen die neue Bedrohung zu gewinnen, was auch Einfluss auf den Verlauf der Story hat. Wir schnappen uns das Jetpack und legen los.
Mit dabei sind wieder die Berserker, die in Elex 1 der Technologie den Rücken gekehrt haben und es sich zur Aufgabe machen, die zerstörte Welt wieder zu rekultivieren. Mit Hilfe von so genannten Weltenherzen, Pflanzen getränkt mit Mana, verwandelten sie Ödlande in florierende Wälder und Wiesen. In Elex 2 haben sie das Fort in Tavar übernommen und die umliegende Wüste begrünt. Nun sind die Fraktionen aber nicht mehr immer die, die man aus dem Vorgänger kennt. Einige der Outlaws sind den Berserkern beigetreten und haben die Fraktion von innen heraus verändert. Das merkt man am teilweise sehr fragwürdigen Verhalten der Bewohner des Forts oder an Dialogen und Charakteren. Von den rein naturverbundenen, aufrichtigen Berserkern ist hier kaum was geblieben. Die sitzen wohl noch in Goliet. Es kommt zu Spannungen zwischen den wenigen steifen Berserkern und den lockeren ehemaligen Outlaws. Diejenigen Outlaws, die sich den Berserkern nicht angeschlossen haben, sind jedoch in den Krater des Elex-Meteoriten gegangen und haben dort unter dem Outlaw Baxter eine neue Siedlung errichtet.
Die Widersacher des ersten Teils, die Albs, sind nun eine spielbare Fraktion. In Teil 1 konsumierten sie reines Elex, lösten sich von Emotionen und dachten, dies sei der nächste Schritt in der menschlichen Evolution. Ihre Direktive besagte, alles Elex der Welt zu fördern und zur Not mit Gewalt an sich zu reißen. Doch die Albs und ihr Anführer, der Hybride, haben gegen die freien Menschen verloren. Ihre Philosophie hat sich gewandelt und sie lehnen Emotionen nur noch soweit ab, wie sie hinderlich sind. Doch auch unter ihnen gibt es Meinungsunterschiede, was die zukünftige Richtung angeht. Die Albs haben die Kleriker aus Ignadon vertrieben und ihr Elex mitgebracht, was das Land in eine Eiswüste verwandelt hat. Die verdrängten Kleriker flohen in eine Burg am Rand von Tavar und wollen ihre ausgedünnten Reihen wieder füllen. Sie sind nun noch kleiner und bauen weiterhin ihre Kampfmaschinen, spielen aber lange keine so großen Rolle mehr in der Welt von Magalan.
Neu ist dagegen die Fraktion der Morkons, einer Gruppe unterirdisch lebender Brutalos, die dem Gott des Stillstands huldigen. Sie leben in alten Höhlen und Tunneln und sichern ihr Überleben dadurch, dass sie alles machen, wie sie es schon immer taten. Sie durchstreifen Magalan und fangen Menschen ein, um sie einzusperren und zu brechen, damit sie ihnen beitreten. Sie vollziehen Selbstgeißelung, bringen Blutopfer und binden Bücher in Menschenleder. Manche folgen diesem Wort, indem sie Suizid begehen, denn Tod ist der ultimative Stillstand. Hier zeigt sich die düstere Seite von Elex 2. Einige der Morkons lehnen diese alten Vorgehensweisen jedoch mittlerweile ab.
Links: Die Outlaws bewohnen jetzt den Krater des Meteoriten
Rechts: Das Spiel bietet viele schöne Aussichten
Zum ersten Mal gibt es also fünf spielbare Fraktionen in einem Piranha Bytes-Spiel. Jax kann sich diesen Fraktionen anschließen, oder versuchen, sich vollkommen ohne Fraktion durchzuschlagen, was ebenfalls ein Novum ist. Dies ist besonders interessant für diejenigen, denen keine der Fraktionen wirklich gefällt, da sie wie in Elex 1 alle auch Schattenseiten haben. Fraktionslos stehen uns die fraktionsgebundenen Fähigkeiten und Rüstungen natürlich nicht zur Verfügung. Als „Abtrünniger“ müssen wir auf eigene Faust versuchen, lebendig durch die Welt zu ziehen. Allerdings gibt es auch einen ganzen Haufen fraktionsfreier Kleidung und Bewaffnung, sodass wir auch so eine faire Chance haben, das Spiel zu bestreiten.
Außerdem ist es möglich, die Fraktion zu wechseln. In der Praxis zurren die Optionen jedoch schnell zusammen, ganz so frei ist man in der Fraktionswahl nicht. Die drei Hauptfraktionen sind Berserker, Albs und Morkons. Tritt man ihnen einmal bei, kann man nicht mehr austreten oder zu einer der anderen großen Fraktionen wechseln. Die Kleriker und Outlaws sind eher Nebenfraktionen, denen man erst beitreten kann, wenn man schon einer großen angehört. Als Alb geht es nur zu den Klerikern, als Morkon oder Berserker zu den Outlaws. Die Entscheidung fällt man, wenn man es innerhalb seiner großen Fraktion auf den vorletzten Rang geschafft hat. Der Spieler hat dann die Wahl, ob er den letzten Rang, bspw. Erz-Berserker, erreichen will, oder stattdessen der kleinen Fraktion beitritt, wobei man in seiner großen verbleibt, um als „Spitzel“ für die andere zu arbeiten. Dadurch entscheidet sich auch, zu welcher Rüstung man Zugang erhält.
Entsprechend dünn fallen daher die Skills der kleinen Fraktionen aus: Bei den Klerikern gibt es zwei neue Skills, bei den Outlaws nur Baupläne für Stims. Die Skillbäume der großen Fraktionen sind wesentlich umfangreicher, so gibt es einige Zauber bei den Berserkern, und die Morkons verfügen über eigene Skills, die die Art der Fraktion gut zum Ausdruck bringen. Mit dem Skill „Ritzen“ fügt der Charakter sich bspw. selbst Schaden zu.
Für den Beitritt zu einer Fraktion ist auch der neue Zerstörungs-Wert relevant, das Moralsystem des Spiels. Es ist zum Beispiel nur möglich, den Morkons beizutreten, wenn dieser hoch genug ist. Zerstörung gewinnt man durch das Töten wehrloser Kleintiere, Angriffe auf Menschen oder entsprechende Dialogentscheidungen, die es ständig gibt. Er entspricht eher dem typischen gut/böse-Schema als der Kältewert des Vorgängers, ist aber leichter verständlich. Manchmal ist er inkonsistent, da die gewaltlose Option (Einschüchtern) ab und zu zerstörerischer ist als die gewaltvolle. Auswirkungen hat der Wert in Dialogen jedoch deutlich seltener und auf das Ende des Spiels hat er unseres Wissens nach keinen Einfluss. In Dialogen kann man immerhin durch entsprechend hohe Attribute NPCs überzeugen.
Da man einer Fraktion nicht zwangsweise beitreten muss, erreicht man das zweite Kapitel des Spiels außer durch den Fraktionsbeitritt auch einfach dadurch, dass man mit mindestens drei Fraktionen gesprochen hat. Entscheidet man sich jedoch für einen Beitritt, gilt es, in der Gunst der Fraktionen aufzusteigen. Dafür hält das Spiel eine Menge Beitrittsquests bereit, bei denen man in längeren Questreihen verschiedenen Fürsprechern hilft, die für den Beitritt notwendig sind. Bei den Berserkern müssen wir einen von drei NPCs auf unsere Seite bringen, damit sie ein gutes Wort für uns einlegen. Haben wir das geschafft, gilt es noch, eine letzte Prüfung abzulegen. Dann kommen wir zum Anführer und können vor ihm unseren Wunsch äußern, der Fraktion beizutreten. Das Überzeugen der Fürsprecher geschieht auf unterschiedliche Weise. Für Scrappy sollen wir eine Eisenmine aufsuchen und dort nachschauen, warum kein Eisen mehr kommt. Es stellt sich heraus, dass die Mine ein Problem hat, also geht es an die Gestaltung einer Lösung für dieses Problem. Endlich einer Fraktion beigetreten, stehen uns im Fähigkeitenbaum neue Skills und beim Rüstmeister neue Ausrüstung zur Verfügung.
Links: Es gibt eine Vielzahl an Quests
Rechts: Als Mitglied einer Fraktion kann man exklusive Rüstungen kaufen
Es gibt ein paar Überraschungen und auch Konflikte zwischen den Fraktionen, sowie Nachfolgequests. Das Questdesign hat im Vergleich mit dem ersten Teil jedoch einen Rückschritt gemacht. Konnte man dort noch viele Quests für die eine oder andere Fraktionen entscheiden, mit entsprechenden Konsequenzen, wird der Konflikt der Fraktionen in Elex 2 weniger oft in diesen Quests spürbar. Auch so etwas wie der Konflikt um Abessa gibt es nicht mehr. Interessante Geschichten sind im zweiten Teil etwas seltener und die Welt wirkt weniger rau. Dabei war gerade dieser Punkt eine der großen Stärken von Elex. In Elex 2 geht es stattdessen mehr um Probleme innerhalb der Fraktionen, wobei man viele Entscheidungen im Kleinen treffen kann. Elex 2 beinhaltet zudem mehr Laufaufgaben, allerdings sind diese immer in sinnvolle Geschichten eingebettet. Billigste Hol-Bring-Quests sucht man fast vergebens. Leider ist es oft nicht ohne Questmarker möglich, das Ziel von Quests zu finden, da NPCs selten den Weg genau erklären.
Die Zeit, die man mit allen Beitrittsquests und Nebenquests des Spiels verbringen kann, entspricht mit über 30 Stunden wieder der des ersten Teils. Wir empfehlen Spielern jedoch, mit dem Fraktionsbeitritt nicht so lange zu warten, wenn man sich bereits sicher ist, denn verfallen können Quests unserer Erfahrung nach nicht. Man ist besser beraten, die Quests das Spiel über zu erledigen. Ein Grund dafür ist auch, dass es wieder keine neuen Nebenquests in späteren Kapiteln gibt, dann also nur noch Hauptmissionen hinzukommen. Außerdem gibt es außerhalb der großen Hubs wieder nur vereinzelte kurze Nebenquests, der Großteil der anderen Orte in der Außenwelt wird stattdessen im Rahmen von Haupt- oder Begleiterquests besucht. Diese Begleiterquests sind in Elex 2 deutlich längere Questreihen, die einem mehr über die sieben Begleiter des Spiels verraten. Die Begleiter reagieren wieder auf die Taten des Helden, sodass dieser in ihrer Gunst steigt oder fällt. Dieses Mal gibt es zudem die Wahl zwischen drei weiblichen Partnern für die Romanzen, die ein wenig komplexer als im ersten Teil ausfallen.
Es braucht nicht viel, um innerhalb einer Fraktion im Rang aufzusteigen. Ein paar wenige Quests und das ausreichende Level erreicht, können wir aufsteigen. Das fühlt sich nicht wirklich so an, als würde man etwas großes für die Gruppe machen und sich wirklich dem neuen Rang verdient machen. Die Fraktionsquests werden später interessanter, weil sich während des Aufstiegs innerhalb der Gruppierungen die erwähnte Entscheidung zwischen Haupt- und Nebenfraktion anbahnt.
Hier und da wird man auch von Leuten angesprochen, etwa von Kindern, die eine weitere Neuerung von Elex 2 sind. Von ihnen erhalten wir kleine, harmlose Aufgaben und Geschichten. Eine nette Dreingabe, die auch ihren Teil zur Atmosphäre und Lebendigkeit beiträgt. Sie fügen sich überraschend natürlich in das Setting ein. Insbesondere der Sohn von Jax und Caja, Dex, spielt eine größere Rolle. Ein dominierendes Thema der Geschichte ist zudem die Elternschaft. Die Texte der Kinder haben aber das übliche Problem: Sie wirken dabei leider oft nicht wie Kinder. Es gibt aber Serien/Filme, in denen das weit störender ist. Aber warum unser Sohn uns "Mutter" und "Vater" nennt und nicht "Mama" und "Papa", können wir nicht verstehen. Die Kinder bringen einen auch hier und da in moralische Zwickmühlen. Wenn wir von einem Kind ausgeraubt werden und später herausfinden, dass es von einem Erwachsenen losgeschickt wurde und von diesem dabei auch nicht gerade gut behandelt wird, verlangen wir das Geld vom Kind dann zurück oder überlassen wir ihm die Beute, nachdem wir den Erwachsenen zur Rechenschaft gezogen haben? Kämpfen gehen die Kids aus dem Weg und verstecken sich, kommt es zu einem Duell unter den Erwachsenen oder mit Monstern. Kinder lassen sich auch nicht angreifen oder töten, dies würde aber auch nicht mehr zu Jax Charakter passen.
Links: Die Kinder gliedern sich gut in das Setting ein.
Rechts: Die Bastion ist die Basis der Sechsten Macht
Das Spiel über gewinnt man für den Kampf gegen die Skyaniden neues Personal für die Bastion der Sechsten Macht. Wir suchen einen Baumeister, der das Lager aufbaut, einen Warlord, der unsere Krieger anführt, Waffengefährten, die mit uns letztendlich in den Kampf ziehen, und so weiter. Der Baumeister kann die Räumlichkeiten von Jax im Stil der verschiedenen Fraktionen umgestalten. Davon abgesehen entwickelt sich die Bastion aber nicht weiter, das etwas ruinöse Aussehen wird trotz Baumeister nicht verbessert.
Apropos Außenwelt: Die Spielwelt von Elex 2 ist, wie von Piranha Bytes gewohnt, wieder liebevoll gestaltet und entspricht in etwa der Größe des ersten Teils. Man schwimmt damit gegen den „immer größer ist immer besser“-Strom, der die Spieleindustrie seit geraumer Zeit heimsucht. Während zwei Regionen aus dem Vorgänger übernommen und stark verändert wurden, sind drei Regionen neu. Tatsächlich hat sich Tavar so sehr verändert, dass man es kaum wiedererkennt, wenn man nicht Hotspots wie bekannte Fabrikgelände oder andere Befestigungen findet. Auch im Fort selbst ist die Orientierung nicht gerade einfach und auch wer noch Erinnerungen an Teil 1 hat, dem wird dieses Fort an den meisten Stellen wie ein neuer Ort vorkommen. In Ignadon schlängelt sich nur noch vereinzelt ein Lavafluss durch das eisige Gestein. Hier haben die Albs ihr Lager, das Depot, errichtet. Der Rest der Welt von Elex 1 ist nicht mehr zugänglich. Abessa und Goliet werden zwar hier und da noch erwähnt, besuchen können wir diese Orte aber nicht mehr. Versuchen wir in diese Gebiete vorzudringen, werden wir umhüllt von einem giftigen Nebel, was sehr seltsam wirkt, wenn man kurz zuvor noch mit NPCs gesprochen hat, die berichten, gerade erst aus Goliet angereist zu sein. Die Abgrenzung zur alten Welt hätte man sicher schöner lösen können. Oder diese NPCs zumindest mit Gasmasken ausstatten.
Zu den neuen Regionen gehören die von den Morkons bewohnte Region Carakis (denkt noch jemand an Dune?) oder Maracor. Allerdings ist die Spielwelt etwas weniger abwechslungsreich, denn als Biome gibt es hauptsächlich grüne Gebiete, braune Einöde oder verschneite Landschaft. Die Vegetation in Tavar ist jedoch schön gestaltet, denn während es im Süden schon fast tropisch wird, wird es Richtung Norden klimatisch immer gemäßigter. Die Siedlungen sind schön gestaltet und spiegeln die Philosophien der Fraktion gut wider. Insbesondere die Kratersiedlung der Outlaws wirkt schön dreckig.
Die Gebiete in Elex 2 sind ähnlich weitläufig wie im ersten Teil, von einer höheren Dichte bei Welt und Quests merken wir wenig. Beim Umherstreifen durch die großen Gebiete finden wir meist die gleichen Monster, Banditen und ähnlichen Loot, wie Heiltränke und Elexit. Nebenquests sind, wie bereits erwähnt, nur vereinzelt zu finden, allerdings findet man öfter als im Vorgänger einzigartige Waffen jedweder Gattung, auch schon früh im Spiel, sodass sich Erkundung durchaus bezahlt macht. Man findet mitunter auch Audiologs und Dokumente, die mehr über die Welt verraten, jedoch dieses Mal deutlich weniger Interessantes aus der alten Welt. Das Setting zeigt erste Abnutzungserscheinungen, die Welt ist nicht mehr so interessant wie einst, und das Environmental Storytelling hat nachgelassen. Auf die Herkunft der Teleporter wird nicht eingegangen.
Links: Manchmal wird es echt unheimlich. Bitte mehr davon!
Rechts: In Tavar wird es regelrecht tropisch
Es gibt jedoch viele schön gestaltete und detailreiche Locations und natürlich wirkende Landschaften, die fließend ineinander übergehen. Die Landschaft ist oft vertikal und geografisch interessant und wirkt lebendig. NPCs und Tiere bekämpfen sich, Händlerkarawanen ziehen umher. Man kann einiges beobachten, überall wuseln Statisten herum, die irgendwas zu tun haben. Neben den altbekannten Smalltalk-Schnipseln, die die Bewohner der Lager immer wieder gegenüber zum Besten geben, kann man aber auch überall echte Gespräche belauschen. Und darüber Aufgaben oder Hinweise herausfinden oder einfach nur einen Einblick in das Leben der Menschen bekommen. Sie unterhalten sich öfter über Ereignisse und treffen sich nach oder während Quests mit anderen Personen und führen Gespräche, denen man lauschen, die man aber auch ignorieren kann.
Nachts ist es recht dunkel, sodass die Taschenlampe wie gerufen kommt. Ab und an kommt es sogar zu gruseligen Momenten, auch unter Tage, von denen es ruhig noch mehr hätte geben können. Aber einige Gebiete wirken wie im ersten Teil etwas zu leer und kahl, so eine große Spielwelt kann Piranha Bytes nicht in jeder Ecke mit der gleichen Aufmerksamkeit gestalten. Und das Gras wirkt in Elex 2 zu einförmig, wir hätten uns wie in Elex 1 mehr Blumen gewünscht, die die Landschaft schmücken. Die aus dem Vorgänger übernommenen Gebiete scheint Piranha Bytes sogar skaliert, also „gestreckt“ zu haben, sodass die Spielwelt etwas größer ist, als ein Blick auf die Karte vermuten lässt. Der Grund hierfür war möglicherweise das verbesserte Jetpack.
Das in Teil 1 schon liebgewonnene Jetpack auf unserem Rücken (oder eher an unserem Gesäß) ist nämlich auch in Elex 2 wieder unser treuester Begleiter. Und das besser als jemals zuvor. Denn wo wir damals nur für gewisse Zeiten schweben konnten, erlaubt es dieses Gerät nun, uns in die Lüfte zu schwingen und, je nach Ausbaustufe und Tanklevel, über die Welt zu fliegen. Ja, richtig zu fliegen. Das Jetpack steuert sich deutlich angenehmer als im Vorgänger und mit hoher Geschwindigkeit durch die Welt zu brausen, macht viel Spaß. Das erlaubt es uns natürlich, an noch mehr Orte zu gelangen, noch mehr Türme, Klippen oder Schluchten zu erkunden, als zuvor. Und das klappt wirklich gut und man merkt, dass die Welt um das Jetpack herum gebaut wurde. Man erreicht wieder ansonsten unzugängliche Orte wie die Ruinen von Hochhäusern und kann sich auch mit fliegenden Widersachern streiten. Das Jetpack lässt sich außerdem jetzt ausbauen, so kann man den Seitwärtsflug freischalten und die Treibstoffkapazität stark steigern, um noch länger zu fliegen. Übertreiben wir es und verbrauchen unseren Sprit in der Luft, stürzt Jax ab. Im Vergleich zum Vorgänger kann er sich jetzt allerdings eigenständig an Vorsprüngen und Kanten festhalten und daran hochklettern oder sich seitlich weiter hangeln. Das klingt nicht nach viel, macht das System aber um einiges dynamischer, weil wir nicht immer wieder auf den Boden fallen.
Links: Mit dem Jetpack geht es hoch hinaus, aber die Sichtweite ist begrenzt.
Rechts: Das Jetpack lässt sich ausbauen
Das (Nah-)Kampfsystem wurde nicht grundlegend verändert, allerdings wurden die Kämpfe am Boden verbessert. Die Auseinandersetzungen wirken nun direkter als im ersten Teil. Kombos gibt es nicht mehr, stattdessen kann Jax lange oder kurze Schläge ausführen, die unterschiedlichen Schaden anrichten und Gegner aus dem Gleichgewicht bringen können. Zu beachten ist dabei erneut auf die Ausdauer. Auch die Gegner haben diese Ausdauerleiste, die sich Treffer um Treffer senkt. Ist diese bei null, stürzen sie um und sind für kurze Zeit bewegungsunfähig. Die Chance, nochmal extra Schaden zu verursachen, ohne selber Angst haben zu müssen oder im Kampf gegen mehrere Widersacher einzelne kurzzeitig auszuschalten. Das klingt auf dem Papier nach einer unfairen Situation, erweist sich im Spiel aber durchaus als hilfreich und rettend. Während menschliche Gegner immer das gleiche Angriffsmuster zeigen, bieten die Monster mehr Möglichkeiten. Große Ungeheuer bewerfen einen mit Steinen; der Flusskriecher gräbt sich im Boden ein, nur um einige Momente später an anderer Stelle wieder aufzutauchen; die Hetzer der Skyaniden können sich hinter den Spieler teleportieren; usw. Das bringt Abwechslung in die Kämpfe, auch wenn da noch mehr Varianz möglich gewesen wäre.
Die Spielfigur reagiert nun schneller und direkter als noch im Vorgänger, was gut ist und Spaß macht - so flott wie das Kampfsystem etwa eines Risen 1 ist es damit aber noch nicht. Die Kämpfe spielen sich weiterhin etwas „clunky“, ein wirklicher Fluss oder Rhythmus will nicht aufkommen. Es ist aber ein Schritt in die richtige Richtung. Ein Punkt, der sauer aufstoßen könnte, ist die Tatsache, dass man, zumindest die schwachen Gegner zu Beginn „totklicken“ kann, ohne dass sie sich wehren können. Bei, auch schon recht früh vorkommenden, härteren Gegnern funktioniert das so aber nicht mehr unbedingt und man muss überlegen, welchen Schritt man nun macht. Manchmal sind Hitboxen ungenau, und wenn viele Gegner ins Spiel kommen, wird es chaotisch. Beim Kämpfen zoomt die Kamera etwas heraus, selber bestimmen kann man den Zoom der Kamera nicht mehr.
Das Jetpack ist im Gefecht anfangs noch keine Hilfe. Es bietet lediglich die Möglichkeit, schnell aus einer heiklen Situation zu fliehen, jedoch haben auch hier viele Gegner neben dem Nah- auch einen Fernangriff. Und es gibt nicht nur Gegner, die vom Boden angreifen, nein, auch fliegende Ungeheuer haben es ins Spiel geschafft. Sobald man das Jetpack entsprechend aufgerüstet hat, kann man auch aus der Luft angreifen, was sich jedoch etwas hakelig steuert. Das Jetpack hält einen auf Höhe und man kann zuschlagen oder Fernkampfwaffen nutzen. Aus der Luft kann man auch Sturzangriffe ausführen, die nicht immer treffen aber wenn, dann eine entsprechend große Wirkung ausüben. Damit wird das Kampfsystem abgerundet und fühlt sich dynamisch an, da man auf jede Situation entsprechend reagieren kann. Das Jetpack erlaubt es einem aber auch, sich gefahrlos jeder Kampfsituation zu entziehen.
Nichtsdestotrotz sind die Kämpfe besser zu meistern, was auch am verbesserten Balancing liegt. Das Spiel ist auf dem normalen Schwierigkeitsgrad nun einfacher und die Startphase des Spiels ist nicht mehr so schwer, dass man selbst von einem Huhn plattgemacht wird. Allerdings wirkt die Welt auch nicht mehr so bedrohlich und mysteriös, es ist weniger Vorsicht notwendig. Hilfreich ist auch, dass sich Attribute nun wieder deutlich auf den Schaden, die Lebensenergie usw. auswirken, sodass man nicht mehr in Sackgassen gerät, in denen alle Quests und Gegner zu schwer sind. Zudem kann man nun alle wichtige Werte wie Lebensenergie, Rüstung und Resistenzen einsehen. All dies zusammengenommen macht vor allem die Startphase wesentlich weniger frustrierend als in Elex 1. Das zusätzliche Jahr Entwicklungszeit bzw. Polishing merkt man Elex 2 hier an. Da man jedoch recht schnell stärker wird, empfehlen wir Gothic-Veteranen, es zuerst auf „schwer“ zu versuchen. Dies ist der zweithöchste von fünf Schwierigkeitsgraden. Es gibt getrennte Einstellungen für Kampf- und Minispiel-Schwierigkeit.
Links: Kampf in der Luft
Rechts: Schwierigkeitsgrade
Verbessert wurde auch der Fernkampf, der eigentlich genauso funktioniert wie im Vorgänger. Haben wir einen Bogen oder eine Kanone ausgerüstet, können wir über die gedrückte rechte Maustaste zielen und das Geschoss mit Links loslassen. Eine realistische Flugbahn von Pfeilen kann man nicht beobachten. Dies war schon in Teil 1 ein mehr oder weniger kleines Manko, was die Pfeile betrifft. Alles in allem funktioniert der Fernkampf jetzt viel präziser und weniger schwammig und sieht dabei auch besser aus, als noch im Vorgängertitel aus 2017. Er fühlt sich nun runder und befriedigender an, auch weil NPCs nun mehr Trefferreaktionen zeigen und sich die Waffen besser bedienen lassen. An richtige Third-Person-Shooter kommt Elex 2 jedoch nicht ansatzweise heran, was aber in einem Rollenspiel auch nicht unbedingt notwendig ist. Die Albs nutzen wie zu erwarten Eismagie. Außerdem können sie beispielsweise auch Gegnern das Elex entziehen. Die Magie der Berserker kennt verschiedene Sprüche, über Angriffszauber, Feuerregen und Schutzzauber ist einiges dabei. Allerdings verbrauchen die Zauber nur sehr wenig Mana, sodass sich die starke Magie sehr übermächtig anfühlt. Gegen Ende des Spiels mäht man auf normaler Schwierigkeit sogar die dicksten Gegner in Sekunden weg.
Die meisten NPCs lassen sich angreifen, jedoch kann man neutrale NPCs nicht mehr töten oder ausplündern, sondern nur niederschlagen. Während feindlich gesinnte NPCs wie Banditen einfach ins Jenseits befördert werden, gibt es freundliche NPCs der eigenen Fraktion, die sich nicht angreifen lassen. Wird man von einem Widersacher umgehauen und man befindet sich nicht zufällig in einem offiziellen Duell, dann stirbt man auch. Ein Umhauen wie in Gothic findet nicht statt. Hier hilft nur Neuladen. Begleiter helfen einem, mal mehr, mal weniger, im Kampf. Aus den angesprochenen Duellen halten sie sich raus. Die Bewohner Magalans haben erneut einen Tagesrhythmus und reagieren wie gewohnt auf Monster, Schleichen, Diebstahl, gezogene Waffe, Prügelei oder Betreten unerlaubter Bereiche. Wenn man erwischt wird und entkommt, gibt es eine Strafe. Taschendiebstahl, Schlösserknacken und Hacken funktionieren wie im Vorgänger, andere Minispiele gibt es nicht. Durch sie kommt man oft an wertvolle Items.
Und auch wer viel erkundet, findet entsprechend viele Items und wird dadurch irgendwann reich. Insbesondere durch die Tiertrophäen-Skills lässt sich viel Geld verdienen. Zudem findet man abermals an vielen Orten Elex, das man zu Elex-Tränken verarbeiten kann, die Lern- und Attributspunkte geben können. Richtig eingesetzt, muss man sich so am Ende gar nicht spezialisieren und kann praktisch alles lernen. Außerdem kann man die Tränke nun komplett ohne Nachteile schlürfen. Zusätzlich gibt es Attributstränke, die man sich jedoch nicht aufsparen muss, da deren Effekt als Bonus gilt und sie die Kosten für Attributserhöhungen nicht steigern. Das Charaktersystem ist im Grunde nicht komplex, jedoch sehr motivierend, da alle Attribute und Skills nützlich sind und man so für den Großteils des Spiels vor spannende Entscheidungen gestellt wird. Für jeden Level Up gibt es zehn Attributspunkte (AP) und einen Lernpunkt (LP). Die AP können wir direkt im Menü investieren in unterschiedliche Kategorien. Haben wir einen Lehrer aufgesucht und genügen AP investiert, können wir eine Fähigkeit erlernen, das verbraucht dann LP (und Elexit). Es ist manchmal etwas undurchsichtig, welche Fähigkeiten ein Lehrer nun genau lehrt. Denn nicht jeder Überlebenslehrer kann einem auch alle Fähigkeiten dieser Kategorie beibringen. Schade ist, dass Skills wieder nicht von Lehrern erklärt werden und man sie bei ihnen nur „kauft“.
Links: Jax of all trades - mit genug Elex-Tränken kann man fast alles lernen
Rechts: Das Inventar wurde verbessert
An verschiedenen Werkbänken können wir unsere Fähigkeiten in verschiedenem Handwerk unter Beweis stellen. Ganz neu ist hier die Jetpack-Werkbank, in der wir unser Jetpack diesmal richtig aufrüsten können. Ob das Bremsdüsen sind, die vor Fallschaden schützen, extra Tanks für mehr Reichweite, usw. Hier kann man etwas basteln, was sich in der Bewegung, Erkundung und dem Kampf als überaus nützlich erweist. Neben dem Brauen von Tränken lassen sich Waffen aus drei beschädigten herstellen, man kann Munition fertigen, Steine einsetzen und Gerichte kochen. Dafür gibt es in Elex 2 wieder getrennte Werktische, die universale Werkbank ist Geschichte. Die beschädigten Waffen richten weniger Schaden an, brauchen aber auch niedrigere Voraussetzungen als ihre neuwertigen Arten. Außerdem sieht man den Helden nun beim Crafting im Hintergrund am Arbeiten, es gibt also wieder eine Animation. Zutaten und Baupläne für das Crafting findet man durch Erkundung oder bei Händlern.
Das Interface dafür wurde in Elex 2 überarbeitet und wirkt nun aufgeräumter. Auch das Inventar ist deutlich übersichtlicher und die abstrakten Symbole sind Icons gewichen, die das tatsächliche Aussehen der Items zeigen. An den Charakter angelegte Items sind übersichtlich sichtbar. Neu ist das Glossar, in dem mit fortschreitendem Spielverlauf bereits getroffene NPCs und Monster eingetragen werden, inklusive einer Beschreibung. Wenn man sich im Menü aufhält, läuft das Spiel im Hintergrund weiter. Die Bewegung des Helden ist manchmal etwas schwerfällig/schwammig. Gerade wenn man sich in Gebäuden genau nach Items umschauen will, macht der Ex-Commander oft einen Schritt oder eine Drehung zu viel.
Hat man sich durch die Welt erkundet, gequestet und sich für eine Fraktion entschieden (oder auch nicht), führt die Haupthandlung den Kampf gegen die Skyands fort. Zunächst wirkt sie jedoch ziemlich unfokussiert und man bekommt diverse Aufgaben, die oftmals nicht in einem Zusammenhang stehen. Auch die Inszenierung lässt hier wünschen übrig; wird ein Lager von Gegnern „angegriffen“, stehen diese nur auf einem Feld in der Nähe herum, ohne dass sich die Anführer der Lager überhaupt dazu äußern. Gänzlich spürbar wird die Bedrohung der Skyands zudem nicht, denn sie breiten sich abseits von Missionen nicht über Magalan aus und verharren bis zum Ende in ihren Gebieten. Dadurch wirkt die Bedrohung nicht wirklich dramatisch. Die Gegner, die bei Kapitelwechseln und dem ständigen Respawn die Welt neu bevölkern, sind daher Tiere und Monster. Die Platzierung der Gegner wirkt wie im ersten Teil etwas wirr, schwache und starke Gegner finden sich überall in der Welt. Wie üblich muss man stärker zurückkommen, wenn man den Gegnern noch nicht gewachsen ist. Es gibt ein klares Fortschrittsgefühl.
Gegen Mitte der Story wird diese jedoch interessanter und beginnt, spannende Fragen aufzuwerfen. Zu Beginn sind die Außerirdischen nur „böse Aliens“, was eine weniger spannendere Ausgangslage als im Vorgänger ist, der von Anfang an interessante Fragen aufgeworfen hat und mit den Albs einen interessanteren Gegenspieler bot. Man möchte dennoch immer erfahren, wie es weiter geht und ganz so vorhersehbar, wie sie zu anfangs wirkt, ist die Geschichte letztendlich zum Glück doch nicht. Nun entwickelt sich erst später etwas mehr Komplexität, auch wenn viele Hauptquests aus dem Töten von Gegnern bestehen. Jax Krankheit führt bei ihm derweil zu Anfällen, bei denen er ohne Erinnerung an anderen Orten aufwacht und die mit der Zeit nerven. Später geht es auch in Dungeons, die hübsch designt sind und sich im Layout unterscheiden, jedoch spielerisch wenig Abwechslung bieten. Man kämpft sich durch sie hindurch, es gibt aber keine Rätsel oder interessanten Loot.
Links: Die Dungeons sind hübsch designt
Rechts: Die Skyands bleiben lange profillos
Die Story kann die aufgeworfenen Fragen im späteren Verlauf jedoch nicht immer zufriedenstellend beantworten und verkommt öfter zu einer To-Do-Liste ohne große Überraschungen. Erst im letzten Passus wird es storytechnisch dramatischer, doch spielerisch besteht dieser fast nur noch aus dem Weghauen von Gegnerhorden. Außerdem sind die späteren Storywendungen abstrus oder unbefriedigend und das Spiel endet mit einem ernüchterndem Bosskampf und Ende, nach dem man weiterspielen darf und mit den Verbündeten sprechen kann. Nach dem Ende von Elex 1 hatten wir größere Hoffnungen für den Nachfolger. Wir haben etwa 60 Stunden gebraucht, um die Haupthandlung und alle Nebenquests abzuschließen, aber hatten nicht jeden Winkel erkundet.
Erzählt wird die Story in deutlich mehr Ingame-Zwischensequenzen, die zudem besser gemacht sind als im ersten Teil, da sich die Charaktere nicht größtenteils steif gegenüberstehen. Dies ist den Dialogen vorbehalten, in denen sich die Gesprächspartner überwiegend statisch gegenüber stehen und selten mal einen Arm oder den Kopf bewegen und in denen die Kamera wie üblich hin und her wechselt. Manchmal gibt es Flashbacks aus dem ersten Elex als Videos, um neuen Spielern die Vorgeschichte begreiflich zu machen. Diese Videos sind jedoch etwas verpixelt, auch ein im Spiel viel beworbenes Konzert ist nur eine Zwischensequenz. Das war schon in Gothic 1 besser gelöst. Die NPCs zeigen weniger ausgeprägte Gestik, verfügen jedoch über eine verbesserte Lippensynchronizität. Davon abgesehen sind die Gesichter etwas emotionslos, auch in den Zwischensequenzen.
Die Grafik von Elex 2 hat im direkten Vergleich mit dem Vorgänger sichtbare Fortschritte gemacht: Der ganze Grafikstil wirkt realistischer, Texturen sind schärfer, Modelle detaillierter. Vor allem in Innenräumen fallen die zusätzlichen Details an den Möbeln und kleinen Gegenständen auf. Außerdem wirken einige NPCs lebensechter, ihre Haut ist weist mehr Details auf, die Haare und Bärte sehen deutlich besser aus und glänzen realistisch. Die Gesichter hatten nach dem Vorschaumaterial ein großes Fass aufgemacht, wurden aber stark verbessert. Allerdings wirken manche Figuren immer noch leicht wachsartig und das Gras flimmert. Außerdem ist die Sichtweite begrenzt, in der Ferne lässt das Spiel schnell Details vermissen. Einige Statuseffekte, wie der bei Vergiftung, sind hässlich. Elex 2 überzeugt aber mit einer hübschen Beleuchtung und volumetrischen Effekten, einer mancherorts dichten Vegetation und hübschem Wasser. Der Nebel ist nicht permanent so stark und dicht wie noch im Vorgänger. Leider wirkt sich die Strömung abermals nicht auf den Helden aus.
Links: Die Innenräume und Charaktere wirken detailliert
Rechts: Beleuchtung und Vegetation können überzeugen
Die verbesserte Grafik fordert allerdings einen großen Preis bei der Performance: Auf unserem Testrechner hat sich die Leistung gegenüber dem ersten Teil grob halbiert. Eine gewisse Reduzierung der FPS hatten wir zwar erwartet, jedoch steht der Einbruch unserer Meinung nach in keinem Verhältnis zur eher moderat verbesserten Grafik. Es ist nicht ganz ersichtlich, wohin die Leistung verschwindet, denn ein Grafikkracher ist Elex 2 keineswegs. An die hübschesten Spiele der letzten Generation wie Horizon Zero Dawn oder Red Dead Redemption 2 kommt man insgesamt bei Details und Technik erwartungsgemäß nicht heran, was in Ordnung ist. Dennoch stellt Elex 2 gleich hohe oder höhere Anforderungen an die Grafikkarte als diese Spiele.
Wer jetzt denkt, dass das Spiel dafür wenigstens den Prozessor schont, irrt. Während die Natur für den Prozessor weniger ein Problem darstellte, brach die Leistung in den fünf großen Siedlungen stark ein. Insbesondere beim Umherlaufen kam es teilweise zu Rucklern und Einbrüchen auf oder unter 30fps, auf einem System, das die empfohlenen Anforderungen erfüllt. Zudem hatten wir auf allen Systemen visuelle Bugs in den Städten, bei denen in Bewegung alle möglichen Objekte schnell weg- und wieder aufploppten, sodass sich stellenweise ein regelrechtes „Feuerwerk“ abspielte. Die Architektur baut sich auf oder lädt immer wieder neu, Modelle werden ausgetauscht, manchmal verschwindet für Bruchteile von Sekunden das Level und erscheint im nächsten Moment wieder. Auch in Dialogen kam dies vor, sodass Charaktere manchmal ihren Kopf, Körper oder die Haare vermissen ließen. Hier findet ihr ein kurzes Video, das das Problem im Worst Case demonstriert. Die Engine scheint in den Städten mit den zusätzlichen Details und den zahlreichen Objekten und NPCs überfordert zu sein, trotz aktuellster Spielversion. Zwar wirkten sich diese Glitches nicht direkt aufs Gameplay aus, zerstörten aber stellenweise die Immersion. Wir hoffen, dass Piranha Bytes diese Probleme noch in den Griff bekommt, wissen allerdings nicht, wie verbreitet sie sind.
Links: Nicht den Kopf verlieren - manchmal kommt es zu visuellen Bugs
Rechts: Unsere Reaktion darauf
Davon abgesehen ist Elex 2 jedoch relativ bugfrei. Die KI funktioniert im Gegensatz zum Vorgänger schon bei Release gut, von gelegentlichen Aussetzern abgesehen. Manchmal traten Glitches auf, zu Abstürzen kam es nur selten. Wir hatten jedoch einen Plotstopper kurz vor dem Ende, der das Abschließen der Geschichte unmöglich machte. Anscheinend haben wir zwei Quests in der falschen Reihenfolge bekommen. Das Laden eines früheren Spielstands und das Absolvieren der anderen Quest zuerst konnten das Problem jedoch umgehen.
Ohne Dialoge passiert natürlich gar nichts in der Welt. Diese sind wieder sehr ausführlich geschrieben, ufern aber nicht immer so aus, wie die aus dem Vorgänger. Die Sprecher vertonen die Dialoge größtenteils gekonnt, nur den Let’s Playern, die im Spiel Rollen einnehmen, merkt man an, dass sie keine professionellen Synchronsprecher sind. Die Gespräche wirken fast immer so, als stünden sich die SprecherInnen tatsächlich gegenüber. Nicht nur in Dialogen zwischen dem Helden und NPCs, sondern auch zwischen zwei oder mehr NPCs. Die Waffengefährten werfen oft eigene Kommentare ein, die auch je nach Begleitung anders lauten, da gibt es viel Variation. Auch kommentieren die Begleitfiguren ziemlich oft die Umgebung, auf unterschiedliche Weise.
Die Musik befindet sich auf dem Niveau des Vorgängers und unterstreicht noch immer mehr oder weniger beiläufig die Szenerie, aber hier und da ertönen auch schöne und einprägsamere Melodien. Sie untermalt die Abenteuer die meiste Zeit mit passenden Klängen, ohne zu stören. Die vielfach kritisierten Soundeffekte sind kaum verbessert und noch immer schwach, geben dem ganzen Spiel schon fast einen zweitklassigen Touch. Auch der bekannte „Mülltonnen-Sound“ ist noch im Spiel.
Meinung von Ravenhearth: Es fällt mir nicht leicht, Elex 2 zu bewerten. Das Spiel ist nicht der erhoffte Sprung geworden, aber auch kein Reinfall. Es macht bei der Umsetzung einiges besser als der Vorgänger (Jetpack, Kampfsystem, Balancing, Grafik, Präsention) und behält einige der Stärken (Leveldesign, Umfang, Fraktionen, Begleiter) bei. Allerdings enttäuscht Elex 2 auch durch inhaltliche Rückschritte (Story, Questdesign, Welt), sodass das Spiel eher ein Seitwärtsschritt ist. Es ist kein Gothic 2, aber auch kein Risen 2. Wer Elex mochte, dem gefällt wahrscheinlich auch Elex 2. Und wer von den unzugänglichen Seiten von Elex abgeschreckt wurde, dem vielleicht auch - vor allem, wenn Piranha Bytes die technischen Probleme in den Griff bekommt.
Meinung von Dark Bauer: Zu Elex 1 sagte ich seinerzeit, dass Piranha Bytes damit ein gutes Fundament errichtet haben. Dazu stehe ich auch heute noch, aber leider sind sie mit Elex 2 nicht übers Erdgeschoss hinausgekommen, wo so viel mehr möglich gewesen wäre. Dazu stehen, wie im Text zu lesen, zu viele „abers“ an Stellen, wo Potenzial verloren ging. Sie haben viele Dinge verbessert: Kampfsystem, Charaktersystem, Jetpack, Grafik (die NoGos wie das Nachladen von Objekten und Körpern natürlich ausgenommen)… Die Techniken hinter dem Spiel wurden alle modernisiert und verbessert. Fliegen macht so viel Spaß, dass ich, der eigentlich keine Lust auf Laufwege hat und Schnellreisesysteme nutzt, wo es sie gibt, die Teleporter kaum in Anspruch nehmen wollte. Auch die Quests an sich, welche (zu) oft letztendlich in Kämpfen enden, machen Spaß und fühlen sich meistens nicht nach Arbeit an. Leider hat sich auf inhaltlicher Ebene nicht so viel getan, teilweise war der Vorgänger in manchen Dingen sogar besser.
Alles in allem muss ich leider sagen, dass Elex 2 durchaus viel Spaß macht, dass Elex 2 vieles im Vergleich zum Vorgänger besser macht; Elex 1 bleibt am Ende aber das rundere Spiel. Abstürze, Grafikfehler oder mögliche Plotstopper können das Spielgefühl arg trüben. Trotz der sowieso schon langen Entwicklungszeit hätte ein halbes Jahr länger sicher nicht geschadet. Vielleicht hat Corona aber auch seinen Teil dazu beigetragen. Nichtsdestotrotz freue ich mich auf Teil 3 und die, die, aufgrund des unfertigen Levelsystems, aufgrund des hohen Schwierigkeitsgrades oder der schwammigen Steuerung im Kampf und in der Luft Teil 1 damals liegen gelassen haben, für die ist Elex 2 durchaus ein Versuch wert. Für alle anderen sowieso.
Pro | Contra |
+ Schöne CGI-Intros | - Abrupter Übergang |
+ Einstieg weniger frustig... | - ...aber auch weniger interessant |
+ Science-Fantasy-Setting... | - ... das sich abnutzt |
+ Bessere Cutscenes | - Enttäuschende Story |
+ Nach Ende weiterspielen | - Ernüchterndes Finale |
+ Atmosphäre | - Visuelle Bugs |
+ Kinder fügen sich gut ein | - Reden zu sehr wie Erwachsene |
+ Gute Quests | - Weniger große Entscheidungen |
+ Viele Quests | - Keine neuen Nebenquests nach dem ersten Kapitel |
+ Schön geschriebene Dialoge | - Statisch präsentiert |
+ 50-70 Stunden Spielzeit | - |
+ Riesige, offene Welt... | - ...die weniger abwechslungsreich ist |
+ Alte und neue Regionen | - |
+ Gutes Leveldesign, Erkundungsdrang | - Welt etwas zu weitläufig und leer |
+ Dungeons | - Keine Rätsel |
+ Verbessertes Jetpack, Fliegen | - Hakeliger Luftkampf |
+ Fünf Siedlungen | - |
+ Eine eigene Bastion... | - ...die sich wenig ausbauen lässt |
+ Lebendige NPCs... | - ...die man nicht töten oder ausplündern kann |
+ Direkteres Kampfsystem | - Noch etwas zu hakelig |
+ Magie... | - ...die zu stark ist |
+ Besseres Balancing | - Zu viele Elex-Tränke |
+ Motivierendes Charaktersystem | - Lehrer erklären Skills nicht |
+ Schlösserknacken, Hacken, Taschendiebstahl | - (Sonst keine Minispiele) |
+ Verständliches Moralsystem... | - ...das sich selten auswirkt |
+ 3 Haupt-, 2 Zusatzfraktionen | - Zweitfraktionen mit wenig Skills |
+ Fraktionsquests... | - ...die teils zu simpel sind |
+ Crafting mit Animation... | - ... im Hintergrund |
+ Begleiterquests... | - ...die auf Dauer repetitiv sind |
+ Romanzen | - |
+ Besseres Interface | - Etwas steril |
+ Eingängige Steuerung | - Leicht träge, automatischer Kamerazoom |
+ Professionelle Sprecher | - Laienhafte Gastsprecher |
+ Atmosphärische Musik | - Wenig einprägsam |
+ Radiomusik | - Dürftige Soundeffekte |
+ Verbesserte Grafik | - Performance-Probleme, Abstürze |
+ Sehr gute Lippensynchro | - Manche Gesichter, steife Mimik |
+ Strömung in Gewässern... | - ...die sich nicht auswirkt |
+ Glossar | - Weniger interessante Dokumente |
Links